Widerrufsrecht von Verbrauchern
Mit der Verbraucherrechte-Richtlinie wurden die geltenden Regeln für den Online-Handel weitgehend reformiert. Eines der primären Ziele der Richtlinie ist die Schaffung eines unionsweit einheitlichen Widerrufsrechts mit einheitlichen Widerrufsregelungen, Fristen und Bedingungen, um so einen verlässlichen Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Beim Fernabsatzvertrag wird dem Verbraucher ein gesetzliches Recht auf Widerruf des Vertrages eingeräumt. Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen (weiter Begriff), die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (zum Beispiel Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telefaxe, E-Mails, Internet) abgeschlossen werden.
Wichtig ist, dass der Verbraucher über das Bestehen oder Nichtbestehen sowie über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufs und über das Muster-Widerrufsformular auf der Website informiert wird. Zudem ist der Unternehmer verpflichtet, vor Abgabe der Bestellung dem Verbraucher ein sogenanntes Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen. Außerdem muss er diese Informationen dem Verbraucher zusätzlich auf einem dauerhaften Datenträger innerhalb angemessener Frist nach Vertragsschluss zur Verfügung stellen - spätestens bei Lieferung der Ware beziehungsweise bevor mit der Dienstleistung begonnen wird (§ 312f Absatz 2 BGB). Dies kann zum Beispiel per E-Mail in der Bestellbestätigung erfolgen oder in Papierform bei der Warenlieferung.
Achtung: Neue Widerrufsbelehrung ab 28. Mai 2022
Zum 28.05.2022 änderten sich die Anforderungen, die an die Widerrufsbelehrung zu stellen sind, welche Verbrauchern durch die Betreiber von Online-Shops zur Verfügung gestellt werden muss.
Bis dahin mussten Unternehmen dazu gegenüber Verbrauchern Angaben zu Identität, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse sowie zu ihrer Fax-Nummer machen. Die Fax-Nummer ist seit dem 28.05.2022 in der Widerrufsbelehrung als auch Widerrufsformular entfallen.
Der geänderte Teil der neuen Widerrufsbelehrung nach Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 lautet wie folgt:
“...Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns [Name, Anschrift, E-Mail-Adresse] mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief oder eine E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist. ...”
Das neue Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 Nr. 2 sieht wie folgt aus:
Muster-Widerrufsformular
(Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück.)
– An [hier ist der Name, die Anschrift und die E-Mail-Adresse des Unternehmers durch den Unternehmer einzufügen]:
– Hiermit widerrufe(n) ich/wir (*) den von mir/uns (*) abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Waren (*)/die Erbringung der folgenden Dienstleistung (*)
– Bestellt am (*)/erhalten am (*)
– Name des/der Verbraucher(s)
– Anschrift des/der Verbraucher(s)
– Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei Mitteilung auf Papier)
– Datum
__________
(*) Unzutreffendes streichen.
Wird der Verbraucher auch nach dem Stichtag noch nach den bis jetzt geltenden Regelungen informiert, kann dies zur Verlängerung der Widerrufsfrist auf 12 Monate und 14 Tage führen (§ 356 Abs. 3 BGB). Es ist also wichtig, die im Online-Shop verfügbare Widerrufsbelehrung sowie das entsprechende Formular rechtzeitig zu aktualisieren.
Der Widerruf muss vom Verbraucher ausdrücklich gegenüber dem Unternehmer erklärt werden. Die kommentarlose Rücksendung der Ware durch den Verbraucher reicht hierfür nicht mehr aus. Einer Begründung bedarf der Widerruf jedoch nicht. Dies dient dem Schutz des Verbrauchers, der die online bestellte Ware – im Gegensatz zu einem Einkauf im Laden – nicht in die Hand nehmen und prüfen oder die online beauftragte Dienstleistung nicht testen konnte. Er soll sich deshalb ohne Begründung vom Vertrag lösen können. Dem Verbraucher steht es frei, ob er zur Erklärung seines Widerrufs ein Muster-Widerrufsformular verwendet oder nicht.
Gewerblichen Kunden steht grundsätzlich kein Widerrufsrecht zu. Können in einem Webshop neben Verbrauchern auch gewerbliche Kunden bestellen, dann kann gewerblichen Kunden gleichwohl ein Widerrufsrecht zustehen, sofern in den AGB nicht ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass das Widerrufsrecht nur dem Verbraucher zusteht. Durch einen klarstellenden Zusatz über der Widerrufsbelehrung kann dies vermieden werden. Dieser könnte wie folgt lauten: "Das folgende Widerrufsrecht besteht nur für Verbraucher."
Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage und beginnt in der Regel mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist. Zur Fristwahrung genügt dabei die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Sonderregelungen für den Fristbeginn sind unter anderem in § 356 Abs. 2, 3 BGB enthalten. Demnach beginnt die 14-tägige Frist zu laufen:
- bei der Lieferung von Waren mit dem tatsächlichen Erhalt der Ware beim Empfänger persönlich
- bei der Bestellung mehrerer Waren und einer getrennten Lieferung erst, sobald der
- Verbraucher die letzte Ware erhalten hat. Dies gilt auch bei Warenlieferungen in mehreren
- Teilen oder Stücken. Hier beginnt die Widerrufsfrist erst mit Erhalt der letzten Teillieferung
- zu laufen
- bei regelmäßigen Lieferungen von Waren über einen festgelegten Zeitraum, sobald der
- Verbraucher die erste Teillieferung erhalten hat
- bei Dienstleistungen nicht vor dem Tag des Vertragsabschlusses
Bei einer unterbliebenen oder nicht ordnungsgemäßen Belehrung beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Das Widerrufsrecht erlischt jedoch spätestens zwölf Monate und 14 Tage ab Vertragsschluss, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.
Rückabwicklung
Nimmt der Verbraucher sein Widerrufsrecht wahr, sind die Parteien verpflichtet, die empfangenen Leistungen unverzüglich, spätestens jedoch nach 14 Tagen zurück zu gewähren. Der Unternehmer kann die Rückzahlung des Kaufpreises bis zum Rückerhalt der Ware oder einem Nachweis des Verbrauchers über die Absendung der Ware verweigern. Dem Unternehmer steht diesbezüglich ein Zurückbehaltungsrecht zu.
Bezüglich der Rückzahlung des Kaufpreises durch den Unternehmer gilt, dass diese mit demselben Zahlungsmittel zu erfolgen hat, welches auch vom Verbraucher zur Bezahlung verwendet worden ist. Eine anderweitige Vereinbarung muss ausdrücklich erfolgen.
Hin- und Rücksendekosten
Der Unternehmer trägt die Kosten der Hinsendung, allerdings lediglich in Höhe der günstigsten, angebotenen Standardlieferung. Hinsichtlich der Rücksendekosten kann der Verbraucher, unabhängig vom Wert der Ware, zur Tragung der Rücksendekosten verpflichtet werden, wenn der Unternehmer im Vorfeld im Rahmen der Widerrufsbelehrung auf die Kostentragungspflicht hingewiesen hat. Gleichwohl kann der Unternehmer anbieten, die Rücksendekosten selbst zu tragen. Zu beachten ist ferner, dass auch eine nicht paketversandfähige Ware an den Unternehmer zurückzuschicken ist.
Wertersatz für Wertverlust der Ware
Der Verbraucher hat nur dann Wertersatz an den Unternehmer zu leisten, wenn der Wertverlust der Widerrufsware auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war und er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Was alles von der Prüfung der Ware umfasst ist, hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich darf der Verbraucher die Sache soweit in Augenschein nehmen und untersuchen, wie er dazu auch in einem Ladengeschäft berechtigt wäre.
Im Einzelfall kann eine weitergehende Untersuchung insofern erforderlich sein, als eine bei einem Kauf im Ladengeschäft mögliche Beratung fehlt und diese ersetzt werden muss.
In der Vorschrift des § 312g Abs. 2 BGB sind einige Ausnahmen vom Widerrufsrecht normiert. Beispielhaft sind folgende Verträge zu nennen, bei denen das Widerrufsrecht entfällt:
- Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dies lässt sich damit begründen, dass diese Waren für den Unternehmer im Falle einer Rücknahme wirtschaftlich wertlos sind, weil sie aufgrund der besonderen Gestaltung nicht mehr ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Preisnachlässe abgesetzt werden können.
- Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde
- Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde
- Verträge zur Lieferung untrennbar vermischter Waren
- Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
- Verträge zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Computersoftware in einer versiegelten Verpackung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
- Verträge zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten, mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen
- Waren und Dienstleistungen, deren Preis Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat
- Verträge über Beherbergung, Beförderung, Mietwagen, Lieferung von Speisen, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitgestaltung, wenn für die Erbringung ein spezifischer Termin oder Zeitraum vorgesehen ist
- öffentlich zugängliche Versteigerungen (nicht: Ebay-Versteigerungen)
- Verträge über dringende Reparaturleistungen
- Verträge zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde
- notariell beurkundete Verträge; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Abs. 2 BGB gewahrt sind.
Im Falle einer fehlenden oder nicht korrekten Widerrufsbelehrung verlängert sich das Widerrufsrecht nach Ablauf der 14-Tages-Frist auf 12 Monate. Das Versäumnis, rechtzeitig die genannten Pflichtinformationen in Textform zu geben, auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen sowie im schlimmsten Fall die Erhebung einer Klage zur Folge haben.
Muster-Widerrufsbelehrung mit verschiedenen Textbausteinen zu den unterschiedlichen Fallgestaltungen
Die Muster sollten grundsätzlich unverändert übernommen werden, um abmahnsicher zu sein. Lediglich dort, wo die Gestaltungshinweise unter dem Mustertext es vorsehen, sind weitere Anpassungen möglich, die mit der Ausgestaltung des Online-Shops übereinstimmen sollten. Hilfreich bei der Erstellung der Widerrufsbelehrung ist auch der Rechtstexter von Trusted Shops.